Pellerhof
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Zukunft gestalten

Stein auf Stein zurück in die Renaissance

Wie Steinmetze Nürnbergs einst prächtigstes Haus neu entstehen lassen.

Versteckt in einem Nürnberger Hinterhof werkeln Handwerker seit fast zehn Jahren daran, die Baukunst der Renaissance neu aufleben zu lassen. Von der Straße nicht sichtbar, rekonstruieren sie Stein für Stein die prächtigen Hofgalerien des Pellerhauses, einer venezianisch inspirierten Kaufmanns-Residenz aus dem Jahr 1605. Wir sprachen mit den beiden Steinmetzen Roland Meier und Harald Pollmann über Handwerkskunst, Ausdauer und Nürnberger Schönheiten.

Rekonstruiertes Chörlein

Schmucke Steinmetz-Kunst: Rekonstruiertes Chörlein im Nürnberger Pellerhof.

Das Pellerhaus ist Renaissance-Glamour pur. Nur ganz wenige Privatbauten trumpfen im 17. Jahrhundert nördlich der Alpen dermaßen auf wie ‚Nürnbergs schönstes Haus‘. Es ist das Wohnhaus des wohlhabenden Emporkömmlings Martin Peller. Der glückliche Kaufmann ließ die Residenz 1602-1607 vom Baumeister Jakob Wolff d. Ä. erbauen.

Nach der Zerstörung Nürnbergs im zweiten Weltkrieg blieb von den Schauwerten der Stadtresidenz wenig übrig. Doch immerhin genug, um bei den Nürnbergern die Lust auf den alten Glanz am Lodern zu halten. Eine Privatinitiative brachte 2005 schließlich die Rekonstruktion des Innenhofs ins Rollen. Damals engagiert mit dabei: Steinmetz Harald Pollmann. Mit seinem Kollegen Roland Meier, Steintechniker/Steinmetzmeister und Leiter der Naturstein-Abteilung des Bauunternehmens GS Schenk, ist er bis heute intensiv mit der Rekonstruktion beschäftigt.

Herr Meier, Herr Pollmann, wie häufig bekommt man als Steinmetz ein Projekt wie die Rekonstruktion dieses historischen Arkadenhofes in die Finger?

Pollmann: Vermutlich einmal im Leben. Wenn man Glück hat. Dieses Projekt ist wirklich einmalig.

Meier: Auch wenn wir schon einiges in Sachen Restaurierung gemacht haben, etwa bei der Nürnberger Kaiserburg oder der Cadolzburg mit ihren aufwändigen Rippenbögen – der Pellerhof ist vom Umfang und von der Vielfalt der Ornamente etwas ganz besonderes.

Harald Pollmann, Roland Maier

Steinmetz Harald Pollmann (links), Steinmetzmeister und Steintechniker Roland Maier.

Herr Pollmann, Sie sind 2005 einfach mal in Vorleistung gegangen und haben der Stadt symbolisch vier Steine für eine Balustrade geschenkt. Das hat die Rekonstruktion ins Rollen gebracht. Wie ging es bis heute weiter?

Pollmann: Zunächst war es ab 2008 unsere Aufgabe, den Bestand zu sichern. Die Bögen im Erdgeschoss und die Arkaden im ersten Stock standen noch. Richtig los ging es dann mit dem Brunnen im Erdgeschoss und den Treppen. Der nächste Bauabschnitt betraf den zweiten Stock. Hier standen nur noch die äußeren Arkaden-Bögen. Den dritten Bauabschnitt konnten wir 2016 fertigstellen – wir haben den kompletten zweiten Stock des Innenhofs neu aufgebaut. Als nächster und letzter Bauabschnitt steht der Giebel der Nordfassade an. Dafür mache ich derzeit die zeichnerische Rekonstruktion im Maßstab 1:1.

Meier: Weil sich der Wiederaufbau rein aus Spenden finanziert, tasten wir uns abschnittsweise vor.

 

Welchen Stein nutzen Sie?

Meier: Wir verwenden Quarzit-Sandstein aus dem Worzeldorfer Bruch hier in Nürnberg. Es ist der selbe Stein, der bei der Restaurierung des Pellerhauses in den 1930er Jahren Verwendung fand. So entsteht zwischen Alt und Neu ein homogener, natürlicher Eindruck.

Pollmann: Das tolle für mich als Steinmetz ist: wir machen beim Pellerhof den ganzen Prozess vom Abbau des rohen Steins in unserem eigenen Steinbruch, über die Planungsskizzen bis hin zu filigranen Detailarbeiten und dem Setzen des Steins. Das zeigt, was für ein unglaublich vielseitiger Beruf das ist!

 

Anders als die Steinmetzen im frühen 17. Jahrhundert haben Sie heute technische Unterstützung. Auf der Naturstein-Fachmesse Stone+tec in Nürnberg beispielsweise gibt es vom kleinen Druckluft-Hammer bis zur computergesteuerten und haushohen Steinfräse eine Riesen-Technikauswahl. Welche Maschinen nutzen sie für den Pellerhof?

Meier: Das Material aus dem Steinbruch schneiden wir mit einer großen Kreissäge nach Maß zu einem sechseitigen Sägestück, das dann auf dem Werktisch des Steinmetzen landet. Alle Steine werden von da an nur mit der Hand behauen, dabei natürlich mit technischen Hilfsmitteln wie Druckluft-Hämmer. Aber automatische Fräsen oder Ähnliches lohnen sich hier einfach nicht, weil wir keine Serienproduktion machen können: Beim Pellerhaus ist jeder Stein anders. Auch scheinbar regelmäßige Formen haben im Detail viele Unterschiede. Das stellen wir mit großer Genauigkeit wieder her und das trägt zum authentischen Eindruck bei.

Pollmann: Man sieht die feinen Unterschiede im Detail vielleicht nicht, aber ich glaube ganz fest, dass man das beim Anblick spürt: Dieses Gebäude, dieser Stein ist nicht einfach aus der Maschine gefallen, das ist alles handgemacht.

 

Das dauert bestimmt seine Zeit …

Meier: Nehmen wir das Maßwerk im Innenhof, quasi das „Geländer“ zwischen den Arkaden: In einem Werkstein, etwa ein Meter lang, stecken zwei bis drei Wochen Arbeit! Das Versetzen an die richtige Stelle im Hof geht dann in ein bis zwei Stunden.

Harald Pollmann

Handarbeit an jedem Stein: Harald Pollmann präsentiert sein Können.

Wie sehr bindet der Pellerhof das Steinmetzteam der Firma GS Schenk? Immerhin läuft die Rekonstruktion bereits seit 2008 …

Meier: Das kommt auf die anstehenden Arbeiten an. In Planungsphasen oder in den Sommermonaten, in denen uns andere Baustellen stark fordern, ist das ein Ein-Mann-Programm. Ansonsten sind wir meistens zu zweit daran, in Hochzeiten sogar mit sechs bis sieben Mann! In einem Meter Stein stecken zwei bis drei Wochen Arbeit.

In einem Meter Stein stecken zwei bis drei Wochen Arbeit.

 

Seit den 50er-Jahren gab es in der Region wohl kein ähnlich umfangreiches Restaurierungsprojekt mehr. Was nehmen Sie aus so einer Aufgabe mit?

Meier: Wir sind schon gewachsen, an diesem Projekt. Wer ganz genau hinschaut, sieht vielleicht, dass uns die Westseite etwas leichter von der Hand ging als die Ostseite, mit der wir angefangen haben. Insofern ist es gut, dass mit der Nordfassade der komplizierteste Abschnitt jetzt zum Schluss kommt …

Pollmann: Bei Führungen im Pellerhof staunen die Leute immer, dass heute noch jemand so etwas kann. Dazu kann ich nur sagen: Aber natürlich können wir das! Eigentlich sollte jeder Steinmetz so etwas draufhaben. Man muss uns nur die richtigen Aufträge geben! (lacht)

 

Nürnberg hat eine lange Handels-Tradition, wovon ja auch das Pellerhaus als Kaufmannsresidenz zeugt. Und Nürnberg ist seit dem Mittelalter auch Zentrum des Handwerks. Welche Highlights empfehlen Sie Besuchern mit Interesse an Steinmetz-Kunst?

Meier: Es gibt so Vieles – aber ganz besonders spektakulär sind die Nürnberger Kirchen. Das Sakramentshäuschen in der Nürnberger Lorenzkirche ist einfach nur zum Staunen. Diese filigrane, nach oben hin gebogene Fiale… da steht man auch als Profi davor und fragt sich, wie die das gemacht haben!

Restaurierung

Rund drei Millionen Euro soll die Restaurierung der Hofanlage insgesamt kosten.

Die Restauration des Pellerhofs

Der Pellerhof befindet sich hinter der modern-sachlichen, ebenfalls mit viel Naturstein gestalteten Fassade des heutigen Pellerhauses aus den 50er Jahren am Nürnberger Egidienplatz. Die Rekonstruktion des Hofes finanziert der Verein Altstadtfreunde Nürnberg aus Spenden. Weitere Informationen und Bilder unter www.altstadtfreunde-nuernberg.de und auf der Projektseite der Firma GS Schenk.

Redaktionsmitglied Benno Wagner
Benno Wagner
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