Viele kennen sie aus Talkrunden und Pressekonferenzen im Fernsehen während der Corona-Pandemie: Alena Buyx, Professorin für Ethik der Medizin und Gesundheitstechnologien und Direktorin des Instituts für Geschichte und Ethik der Medizin (IGEM) an der Technischen Universität München (TUM) und war von 2020 bis 2024 Vorsitzende des Deutschen Ethikrates. Seit April 2024 ist sie Mitglied des Expertenrats "Gesundheit und Resilienz" der Deutschen Bundesregierung. Im Interview spricht sie über den Druck auf die Solidargesellschaft, die Herausforderungen im Gesundheitssystem und die Grenzen von KI im Pflegebereich.
Frau Buyx, Sie waren Speaker bei der Eröffnungsveranstaltung der Jubiläums-ConSozial. Was halten Sie vom diesjährigen Motto „Vielfalt stärken – Solidarität leben – Wandel gestalten?
Das Motto trifft eine ganz wichtige These der Solidaritätsforschung, und zwar: dass gerade Vielfalt und Solidarität sehr gut zusammenpassen können. Im Bereich der sozialen Berufe kommen Menschen zusammen, die sehr unterschiedlich sind. Wir leben dort ja schon die Vielfalt. Und versorgen wiederum Menschen, die ebenfalls ganz unterschiedlich sein können. Und Solidarität bedeutet ja, dass – obwohl man vielleicht in religiöser, in kultureller oder in sozialer Hinsicht unterschiedlich ist – man trotzdem zueinander findet und gemeinsam etwas schafft, weil man sich einer gemeinsamen Idee und einem gemeinsamen Ideal verpflichtet fühlt. Und das tun die Menschen in den sozialen Berufen.
Aber gleichzeitig sehen wir auch, dass heutzutage dieses solidarische Miteinander durchaus unter Druck gerät. Die äußeren Rahmenbedingungen werden immer schwieriger und wir haben es auch mit gesellschaftlichen Polarisierungsphänomenen zu tun, die darauf abzielen, eher die Unterschiede zwischen uns zu betonen. Deswegen finde ich es wunderbar, dass die ConSozial 2024 dieses Motto gewählt hat. Denn ich glaube, es ist ganz essenziell, dass wir gesellschaftlich den Wandel, den wir alle zusammen durchleben, so gestalten, dass Solidarität gut gedeihen kann. Ich freue mich auch sehr, dass ich in Nürnberg dabei sein und einen kleinen Teil zum Gelingen dieser Messe beitragen durfte.
Spätestens seit Corona sind Sie einer breiten Öffentlichkeit bekannt, gefragt und gern gehörte Stimme in Fragen der Medizinethik. Womit beschäftigt sich diese?
Medizinethik ist ein wissenschaftliches Fach, das sich mit den Fragen nach dem guten und richtigen Handeln in Medizin und Gesundheitsversorgung beschäftigt.