Rassismus im Umfeld von Kitas
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Rassismus im Umfeld von Kitas

Rassismus und Ausgrenzung im Alltag - ein Fachvortrag von Matthias Lorenz auf der ConSozial 2019.

Vielfalt der Geschlechter, Integration und Inklusion – Themengebiete, die in den vergangenen Jahren vermehrt in den Fokus politischer Auseinandersetzungen gerückt sind. Bereiche, in denen progressive und emanzipative Bewegungen Erfolge erzielen konnten – Erfolge, gegen die sich aber auch ein immer größerer Widerstand erhebt – und der kommt von rechts. „Insbesondere im Bereich der Sexualpädagogik lässt sich diese Entwicklung beobachten“, erklärt Matthias Lorenz, der in der Mobilen Beratung gegen Rechtsextremismus in Bayern tätig ist.

Ein patriarchales Bild der Zweierbeziehung zwischen Mann und Frau wird zur Norm erhoben. Alle nicht-heteronormativen Lebensformen werden hingegen zum Feindbild erklärt. Rechte Parteien und Bewegungen beziehen sich darin sehr stark auf ihre Idealvorstellung der Beziehungskonstellation und versuchen sie mit aller Gewalt als Norm durchzusetzen. Dies entrechtet und bedroht all jene, die sich außerhalb der Enge und Strenge dieser Norm befinden. Lesben, Schwule, Transgender und viele andere – Millionen Menschen, die jenseits der heterosexuell monogamen Zweierbeziehung Verantwortung für einander übernehmen.“ Die Rechten kämpfen darum, dass sich die Emanzipationsentwicklung in diesen Bereichen wieder zurückbewegt und würden dafür am liebsten die Zeit zurückdrehen, so Lorenz. Als Beispiel nennt er die sogenannte Demo für alle, die ursprünglich aus Frankreich stammt und schließlich auch in Deutschland ihren Einzug hielt. Sie richtet sich hauptsächlich gegen progressive Reformen im Bereich der Sexualpädagogik.

Einflussnahme erkennen

In der Praxis zeige sich dies beispielsweise in rassistischen Äußerungen von Eltern oder auch den Kindern selbst, die diese Denkmuster von ihren Eltern übernehmen. Genauso könne es aber auch Kita-Kräfte geben, von denen entsprechende Aussagen stammen oder die etwa Kinder mit Migrationshintergrund auf diskriminierende Weise anders behandeln. Ebenso könne es passieren, dass von außen versucht wird, Einfluss zu nehmen, „zum Beispiel, wenn in unmittelbarer Nähe von Kitas plötzlich Flyer mit entsprechenden Inhalten auftauchen“, erklärt Lorenz und ergänzt: „Ebenso eine Einflussnahme ist es, wenn beispielsweise die AfD im bayerischen Landtagswahlkampf ,islamfreie Schulen‘ fordert oder Eltern gegen Kita-Kinder aus geflüchteten Familien hetzen. Aus unserer praktischen Beratungserfahrung wissen wir, dass solche Vorfälle leider keine Einzelfälle sind,“ so Lorenz.

Was derartige Inhalte sein können, darüber klärt die Mobile Beratung auf: „Was sind typische Erkennungszeichen und Codes, woran erkenne ich die antifeministische, homo- und transphobe Hetze rechter Akteure, wie bemerke ich rassistische oder antisemitische Äußerungen und wie gehe ich damit am besten um – uns kann man immer kontaktieren, auch wenn man mit etwas unsicher ist. Wir bieten die erforderlichen Hintergrundinformationen, um – auch getarnten oder unterschwelligen – Rassismus zu erkennen.“ Zusätzlich gebe die Mobile Beratung hilfreiche Tipps für die Praxis oder verweise auf die entsprechende Beratungsstelle. Auch bei konkreten Vorfällen könne man sich kostenfrei an die Mobile Beratung wenden, die nicht nur telefonisch berät, sondern auch vor Ort dabei hilft, gemeinsam Lösungsstrategien zu entwickeln. Zudem werden Workshops und Vorträge angeboten.

Tipps für die Praxis

Wie man sich am besten mit den Betroffenen rassistischer, homo- oder transfeindlicher Angriffe solidarisiert, mag von Situation zu Situation verschieden sein, so Lorenz. Dennoch gibt er zwei wesentliche Tipps für die Praxis: „Auf jeden Fall sollte man reagieren, auch um den Betroffenen zu zeigen, dass man an ihrer Seite steht. Außerdem empfiehlt Lorenz einen klar formulierten und offenen Widerspruch, denn: „Je früher und deutlicher man das thematisiert, desto mehr erreicht man auch.“

Ein Widerspruch ist für Lorenz dabei mehr als nur bloße Worte: „Widerspruch heißt nicht nur, zu sagen, wogegen man ist, sondern beinhaltet auch ein progressives Vorgehen, ein Aufzeigen, wie Inklusion in der Praxis aussehen kann.“ Leider sei es in der Praxis keine Seltenheit, dass Menschen, die sich gegen Rassismus einsetzen, angefeindet und bloßgestellt werden. Hier gelte es, zusammenzuhalten, sich nicht spalten zu lassen und für seine demokratischen und menschenrechtsorientierten Überzeugungen auch gegen Widerstände einzustehen. „Gerade aus diesem Grund ist es so wichtig, couragiertes Eintreten von Mitarbeiter*innen sowie das Eintreten für Gerechtigkeitssinn und Solidarität zur Kenntnis zu nehmen und zu fördern, anstatt diese als Störenfriede zu bezeichnen“, appelliert Lorenz.

Ein weiterer Punkt sei es, selbstkritisch zu sein und sich auch immer wieder selbst zu hinterfragen, ob man nicht unbemerkt bestimmte Denkmuster übernommen hat. Zudem sei es von Bedeutung, nicht nur täterfixiert zu denken, sondern den Blick vor allem auf die Betroffenen zu richten und diese auch ganz konkret nach ihren Bedürfnissen zu fragen: „Es ist wichtig, in Auseinandersetzungen seinen Widerspruch nach außen hin allen anderen zu zeigen sowie nicht zuletzt auch den Betroffenen deutlich zu machen, dass man hinter ihnen steht. Und auf diese Weise ein Zeichen zu setzen – sowohl für den Täter als auch für die Gesellschaft – dass ein solches Verhalten nicht toleriert wird.“

Autorin: Lena Häusler

Im Rahmen der ConSozial 2019, Deutschlands größter KongressMesse für den Sozialmarkt, hielt Matthias Lorenz einen Fachvortrag im Kita-Kongress zum Thema Rassismus im Umfeld von Kitas.

 

Katja Spangler
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